Kantine Binzmühle

Der Kantine Oerlikon droht die Abrissbirne. Die Entwicklungsplanung für das Gebiet nördlich des Bahnhofs Oerlikon plant den Abbruch des ehemaligen Personalrestaurant der Fabriken Oerlikons und den Ersatz durch ein Wohngebäude. Dabei würde ein weiterer zentraler soziale und architektonische Zeitzeuge Oerlikons verschwinden und die Chance für die Gestaltung eines lebhaften Quartiers, wo alt und neu miteinander zusammenkommen verpasst werden. Gäbe es nicht Alternativen?

Kantine der ABB. Bild aus dem  historischen Archiv der ABB.

Bild aus dem historischen Archiv der ABB – Kantine Innenansicht

Ein Haus, das eine gewisse Poesie ausstrahlt. Ein Haus, das Gäste anzulocken versteht und in dem sich die Menschen gerne begegnen werden. So beschrieb der Architekt Ernst Messerer die Kantine Binzmühle bei seiner Eröffnung 1971. Als Nachfolger des Wohlfahrthaus «Orlinhuus» geplant, war die Kantine der zentrale Verpflegungsort der Fabriken Oerlikons, an dem pro Stunde bis zu 2700 Arbeiter:inen ihr Essen bekamen. Des Weiteren war es der einzige sozialer Treffpunkt innerhalb der sonst komplett abgeschlossenen Fabriklandschaft nördlich des Bahnhofs, Ort an dem man für Referate und andere kulturelle Veranstaltungen zusammenkam. Aufgrund der ausdrucksstarken roten Fassadenelemente wurde dem Gebäude von seinen Besucher:innen den Namen «Roter Ochsen» gegebenen und war Teil der kollektiven Identität des Oerlikons.

Mit dem Wegzug der Fabriken verlor das Gebäude seine Bedeutung und wurde über die Jahre an verschiedene Unternehmen und Vereine vermietet. Auch die roten Fassadenelemente sind heute eher zurückhalten blau-grau wobei die gesamthafte architektonisch Ausdruckskraft des abstrakten Gebäudes nach wie vor spürbar ist. Die grossen, raumhohe Fensterflächen zusammen mit den gestaffelten Wandscheiben, ergeben gerade in der Bewegung um das Gebäude ein eindrucksvolles Spiel zwischen Transparenz und Geschlossenheit und eine wohltuende Abwechslung in der Geradlinigkeit der Wohn- und Bürogebäude nördlich des Bahnhofs.

Man stellt sich die Frage, ob ein Gebäude mit einer solchen Geschichte und architektonischen Qualitäten nicht in die Kategorie von schützenswerten und erhaltenswerten Zeitzeugen gehen würde, welche die Sonderbauvorschriften in seinen Prinzipen zur Identitätsstiftung des Quartiers zu erhalten verspricht. Könnte die ehemalige Kantine nicht wieder ein zentrales Gebäude innerhalb des Quartiers werden und seinen Beitrag für eine lebhafte Umgebung leisten, wie es das einst tat

Alternative zum geplanten Ersatzneubau unter Berücksicht wurden von Architekturstudierenden der ETH Zürich im Rahmen des Entwurfsstudio «Disobedience – Dwelling on Standards» des Chair of Affective Architecturs von Prof. An Fonteyne und ihrem Team getestet. Des Weiteren haben sich zwei Diplomarbeiten auf die Fahne geschrieben, dem Gebäude öffentliche Aufmerksamkeit zu schenken und auch durch Kontakt mit der Denkmalpflege der Stadt Zürich, das Gebäude vor dem drohenden Abriss zu schützen. Über eine Instagram Seite mit dem Namen «Retten_wir_die_Binzmühle» wird versucht, gleichgesinnte zusammenzubringen und eine öffentliche Diskussion über die Zukunft des Gebäudes zu lancieren. Interessierte dürfen sich gerne melden.

Man kann gespannt sein, wie es mit dem Gebäude und den Entwicklungen im Gebiet nördlich des Bahnhofs weitergeht und ob die Stadt auf den Zug der immer mehr aufkommenden Welle gegen Ersatzneubau aufspringt.

Text: Silvan Muff und Oliver Zbinden

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